Die Delegitimierung Israels durch die UNO begann vor über 50 Jahren
Interview von von Manfred Gerstenfeld mit Joel Fishman (direkt vom Autor)
„Die Delegitimierung Israels durch die UNO ist ein weithin diskutiertes Thema geworden. Allerdings ist dieser Prozess seit vielen Jahrzehnten im Gang. Man kann dies zum Beispiel bei den Vereinten Nationen sehen, wo seine Ursprünge fast fünfzig Jahre zurückverfolgt werden können, bis in die Jahre 1964 und 1965.
Wenn wir Israels Erfahrungen bei den Vereinten Nationen betrachten, können wir zwei bedeutende Rückschläge bestimmen. Der erste ist die Verabschiedung der Resolution „Zionismus ist Rassismus“ (Resolution 3379 der UNO-Vollversammlung) im November 1975. Der zweite ist die UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus, die in Durban (Südafrika) im Spätsommer 2001 stattfand. Betrachtet man diese beiden Ereignisse aus einer historischen Perspektive, dann stellt jedes davon eine andere Phase desselben Propagandakriegs gegen Israel dar.“
Dr. Joel Fishman ist Historiker und Fellow am Jerusalem Center for Public Affairs. Er war bis vor kurzem Vorsitzender der Foundation for the research of Dutch Jewry an der Hebräischen Universität Jerusalem und ist jetzt Mitglied des Vorstands der Scholars for Peace in the Middle East. Er forscht zu politischer Kriegsführung, insbesondere zu Medienkrieg und Propaganda.
Fishman stellt fest: „Obwohl die Vollversammlung die Resolution „Zionismus ist Rassismus“ im Dezember 1991 widerrief, hatten die Akteure in Durban mit der Wiederbelebung dieser Verleumdung Erfolg und wandelten sie in ein politisches Programm um. Artikel 418 der NGO-Resolution von Durban fordert sogar die „Wiedereinsetzung“ der UNGA-Resolution 3379. Der erklärte Zweck von Durban und der heutigen Boykott-, Deinvestitions- und Sanktions-Bewegung besteht darin sicherzustellen, dass der Zionismus mit Apartheid und Rassismus gleichgesetzt wird und – entsprechend dem Vorbild Südafrikas – Israels Vernichtung herbeiführen wird. Sowohl 1975 als auch 2001 starteten die Palästinenser in Zusammenarbeit mit externen Förderern und der Unterstützung einer Gruppe afrikanischer und islamischer Staaten solche Initiativen. 1975 war die Sowjetunion der Hauptbefürworter des Projekts; 2001 war es der Iran.“
Fishman kommentiert: „Um die Ursprünge dieser Rückschläge zu finden, muss man bis 1964 und 1965 zurückgehen. Damals entwarf ein Gremium der UNO, die Unterkommission für die Verhinderung der Diskriminierung und den Schutz von Minderheiten, eine „Konvention zur Eliminierung aller Formen der Rassendiskriminierung“. Die Diskussion dieses Themas hatte einschneidende Folgen für die Bestimmung der Art und Weise, wie die internationale Gemeinschaft immer noch Israel und den Zionismus betrachtet.
„Während der Überlegungen dieser Unterkommission schlug der amerikanische Vertreter vor, dass eine ausdrückliche Verurteilung des Antisemitismus in den Entwurf dieser UNO-Konvention aufgenommen wird. Um diesen Antrag zu sabotieren reichte der Delegierte der Sowjetunion mit Unterstützung seiner osteuropäischen Kollegen einen Gegenvorschlag ein, der das Wort ‚Zionismus‘ zu einer Liste der Typen des Rassismus hinzufügte, die verurteilt werden sollten.
Die Sowjetunion war entschlossen jegliche Diskussion über Antisemitismus zu verhindern, nicht zuletzt, weil die Sowjets selbst Antisemiten waren. Als Sache der offiziellen Politik des Staates nutzte die Sowjetunion den Antisemitismus, um das sowjetischen Judentum zu diskriminieren, einzuschüchtern und zu verfolgen. Sie wussten: Sollte Antisemitismus ausdrücklich erwähnt werden, dann würde man sie berechtigterweise als Rassisten brandmarken.
Es folgte eine große Diskussion und schließlich wurde ein Kompromiss erzielt. Es würde keine Bezugnahme zu einer bestimmten Form von Rassismus außer der Apartheid geben. Dieselbe Debatte folgte später im Jahr im dritten Komitee – dem Sozialkomitee der UNO-Vollversammlung.
Die Sowjetunion zwang damit ihre Propagandaargumente zu Zionismus und Judentum auf die Bühne der Vereinten Nationen. Es war ein Doppelsieg. Erstens drängte sie durch die Verhinderung der ausdrücklichen Definition des Antisemitismus als Rassismus dieses Thema aus der Agenda. Zweitens etablierte sie als Folge dieser Diskussion den Präzedenzfall der Verbindung des Zionismus mit dem Nationalsozialismus. Elf Jahre später sollte dies in der Verabschiedung der Resolution der UNO-Vollversammlung – mit überwältigender Mehrheit – resultieren, die den Zionismus mit Rassismus gleichsetzte. Damit war, obwohl 1975 andere die Initiative zur Einbringung dieser Resolution übernahmen, die Sowjetunion der Ursprung dieses Übels. Im Nachhinein muss man auch schlussfolgern, dass die Sowjets über ein fortschrittliches Verständnis von Propaganda und ihrem Gebrauch verfügten, während den Amerikanern und Israelis diese Reife fehlte.
Die Durban-Konferenz von 2001 repräsentiert die Brücke zwischen der antisemitischen Kampagne der Sowjets in den 1960-er und 1970-er Jahren und dem politischen Krieg der Palästinenser gegen Israel. Mit dem Vorteil des Blicks zurück wird die Beziehung zwischen diesen scheinbar nicht mit einander verbundenen Ereignisse offenbar.
2003 wurde ein weiterer Versuch gestartet eine UNO-Resolution zu verfassen, die Antisemitismus verurteilt. Irland hatte vor, diesbezüglich einen Resolutionsentwurf einzubringen. Es gab jedoch arabischem und muslimischem Widerstand nach und gab diese Initiative auf.
Bei einem Blick zurück in das vergangene halbe Jahrhundert kann man sich der Schlussfolgerung nicht entziehen, dass die Palästinenser niemals ihre Delegitimisierungs- und Hetzkampagne gegen Israel aufgegeben haben. Faktisch dürfte die Ära des ‚Friedensprozesses‘ nur eine kurze Abschweifung vom langjährigen palästinensischen Krieg gegen Israel gewesen sein.“