Vor der Wahl (5): Netanyahu gewinnt die Likud-Vorwahlen deutlich
Die meiste Aufmerksamkeit des Wahlkampfs der letzten Woche konzentrierte sich auf die Vorwahlen des Likud, die am Mittwoch, 31. Dezember stattfanden. Von den mehr als 96.000 Likud-Mitgliedern stimmten 55% über drei Themen ab.1
Die erste Entscheidung betraf die Frage, wer Parteichef werden würde. Premierminister Netanyahu schlug seinen einzigen Herausforderer MK Danny Danon deutlich. Er bekam 75% der Stimmen, Danon 19%; der Rest der Abstimmenden enthielt sich. Der rechtsgerichtete MK Moshe Feiglin hatte seine Kandidatur für die Führungsposition zurückgezogen und begründete das damit, dass die Vorwahlen für die Knesset-Wahlliste und die für die Parteispitze am selben Tag stattfanden.
In der zweiten Entscheidung ging es um die Kandidaten für die Wahlliste. Feiglin erhielt allerdings keinen realistisch aussichtsreichen Platz auf der Likud-Liste; daneben gab es keine größeren Überraschungen. Ein Problem, auf das von vielen Beobachtern hingewiesen wurde, bestand darin, dass nur zwei Frauen auf die ersten 20 Listenplätze gewählt wurden.
Das dritte Thema war, ob Netanyahu als Parteichef über die Abstimmung für die Kandidatenliste hinaus das Recht hat zwei Knesset-Kandidaten zu benennen, die Positionen mit Erfolgsaussichten besetzen sollten, nämlich die Plätze 11 und 23. Der Vorschlag kam durch und es gibt Spekulationen, dass Netanyahu für einen dieser Plätze eine Kandidatin benennen wird.2
Die Arbeitspartei (Avoda) und Hatnuah („Die Bewegung“) kündigten auf einer Pressekonferenz an, dass Professor Manuel Trajtenberg sich ihnen angeschlossen hatte und der Kandidat der Partei für das Finanzministerium sein solle. Trajtenberg war Leiter der Kommission für sozialen Wandel nach den Massenprotesten wegen sozialer Gerechtigkeit im Jahr 2011. Er sagte, da seine Empfehlungen damals nicht akzeptiert worden waren, habe er sich jetzt entschieden zu versuchen Abgeordneter in der Knesset zu werden. Auf der Pressekonferenz benannte Avoda-Chef Isaac Herzog die drei wichtigsten wirtschaftlichen Ziele seiner Partei: „Senkung der Kosten für Wohnungsbau, Minderung der Lebenshaltungskosten und die Armuts- und Wirtschaftsunterschiede anzugehen.“3
Es gab viel Unruhe in der Shas-Partei. Jemand ließ ein Video aus dem Jahr 2008 durchsickern, in dem der damalige spirituelle Führer Rabbi Ovadya Yosef den aktuellen Parteichef Arieh Deri als „Dieb und bestechlich“ bezeichnete.4 Nachdem das Video an die Öffentlichkeit kam, trat Deri aus der Knesset zurück, ebenso neun weitere Shas-Abgeordnete. Es ist unklar, ob Deri für die nächste Knesset kandidieren wird.5
Moshe Lion von Israel Beiteinu („Unser Haus Israel“), der bei den letzten Kommunalwahlen erfolglos für das Amt des Jerusalemer Bürgermeisters kandidierte, wurde verhaftet und von der Polizei in Zusammenhang mit einem Korruptionsnetzwerk vernommen. Er wurde in Hausarrest entlassten.6
Tourismusminister und MK Uzi Landau, ein Abgeordneten-Veteran erst des Likud und später für Israel Beiteinu, kündigte an, dass er für die 20. Knesset nicht mehr antreten wird.7
Habayit Hayehudi („Das Jüdische Haus“), die später diesen Monat ihre Vorwahlen abhalten wird, kündigte an, sie werde einen realistischen Listenplatz für Yinon Magal, den Chefredakteur der Internetseite Walla, reservieren.8
Dieses Jahr wurden bereits mehrere Meinungsumfragen durchgeführt. Sie zeigen eine Stärkung sowohl für die Avoda als auch den Likud, die auf mindestens 23 Sitze kommen. Den dritten Platz hält mit rund 16 Sitzen Habayit Hayehudi in festen Händen. Der Korruptionsskandal hat Israel Beiteinu auf 7 Sitze schwächeln lassen. Shas scheint keine Probleme zu haben die 3,25%-Hürde zu nehmen. Andererseits scheint Haam Itanu („Das Volk ist mit uns“), deren Parteichef Eli Yishai sich von der Shas abspaltete, diese Hürde nicht nehmen zu können.9
Die Kandidaten von Avoda, Habayit Hayehudi und Meretz sind damit beschäftigt sich für die internen Wahlen zu positionieren. Daher war die letzte Woche eine eher ruhige. Das Land ist in einer Vor-Wahlkampfphase, in der es keinen kontinuierlichen Fluss an Werbung gibt.
Aus einer breiteren politischen Perspektive setzt die palästinensische Autonomiebehörde ihre Bemühungen fort, in internationale Körperschaften aufgenommen zu werden; eine davon ist der Internationale Strafgerichtshof. Es könnte durchaus sein, dass sowohl die zunehmenden Spannungen mit den Palästinensern als auch die Erkenntnis, dass die amerikanische Administration auf eine nachgiebigere Regierung von Avoda und Hatnuah hofft, zu zwei wichtigen Wahlkampfthemen werden und das trotz der Tatsache, dass die Umfragen andeuten, dass die Wählerschaft wenig Interesse an Außenpolitik hat.
1 http://www.haaretz.com/news/israel-election-2015/.premium-1.634836
2 http://www.jpost.com/Israel-Elections/Netanyahu-crushes-Danon-to-retain-Likud-chairmanship-Erdan-in-lead-for-No-2-slot-386332
3 http://www.jpost.com/Israel-Elections/Herzog-Livni-promise-Trajtenberg-Finance-Ministry-386242
4 http://www.timesofisrael.com/leaked-video-shows-rabbi-ovadia-yosef-blasting-deri/
5 http://www.haaretz.com/news/national/.premium-1.634548
6 http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4608773,00.html
7 http://www.haaretz.com/news/israel-election-2015/1.634071
8 http://www.jpost.com/Israel-Elections/Popular-Israeli-news-anchor-joins-religious-Zionist-party-Bayit-Yehudi-385933
9http://en.wikipedia.org/wiki/Opinion_polling_for_the_Israeli_legislative_election,_2015