Hinter den Kulissen des muslimischen Antisemitismus in den Niederlanden
Manfred Gerstenfeld interviewt Samar (direkt vom Autor)
Ich habe persönlich gehört, wie eine Reihe Imame in den Niederlanden Verse aus dem Koran und anderen islamischen Texten nutzte, um Hass gegen Israel und die Juden zu predigen. So ist aus dieser theologischen Propaganda politisches Schüren von Hass geworden. Derselbe Hass dringt über arabisches Fernsehen in die niederländisch-muslimische Gesellschaft ein. Mehr davon hört man von Familienmitgliedern, muslimischen Nachbarn und Klassenkameraden.
Samar ist eine junge Frau, die als Muslima traditionell marokkanischer Eltern in den Niederlanden geboren wurde. Im Verlauf der Jahre erlebte sie Judenhass in muslimischen Kreisen und begann ihn zu beobachten. Sie kann ihre Geschichte nur unter Nutzung eines fiktiven Namens erzählen.
Während meiner Jahre an der Universität sprach ich mit schätzungsweise 150 bis 200 Muslimen. Mir fiel auf, dass fast alle dieselben Meinungen hatten. Es spielte keine Rolle, ob sie Marokkaner waren, Türken, Kurden oder Muslime aus Surinam. In all den Jahren traf ich nur zwei Muslime, die Juden oder Israel nicht hassten. Es handelte sich um einen Ahmadijja-Jungen und ein alawitisches Mädchen aus der Türkei. Die gehörten Minderheiten an, die von anderen Muslimen als Häretiker bezeichnet werden.
Muslime betrachteten mich an der Universität als „eine der ihren“. Ich betrachtete mich allerdings nicht mehr als Muslima. In Gesprächen waren sie mir gegenüber absolut offen, während ich meine Meinung für mich behielt. Fast alle muslimischen jungen Leute, die ich an der Universität traf, leugneten den Holocaust. Sie glaubten nicht an die sogenannte „Zweistaatenlösung“ für Israelis und Palästinenser. Sie wollten, dass Israel von der Landkarte gewischt wird. Sie glaubten, Juden müssten aus Israel vertrieben werden, damit es wieder ein muslimischer Staat werden kann. Es gab keinen Unterschied bei den Meinungen zwischen Jungen und Mädchen. In den Niederlanden hört man oft Aussagen, dass weibliche Muslime toleranter sind als Männer. Das ist allerdings nicht richtig, wenn es um den Hass gegen Juden geht.
Diese Studenten glauben auch, dass Muslime höher stehen als andere Völker. Auf Juden sehen sie besonders verächtlich herab. Sie glauben, Juden stammen von Affen und Schweinen ab. Das wird insbesondere von denen betont, die den Koran kennen, wo das geschrieben steht. Es ist nicht so, dass sie glauben, Juden würden sich bei Vollmond in Affen verwandeln. Sie glauben eher, dass Juden keine echten Menschen sind. Diese Botschaft wird auch von arabischen Fernsehsendern ausgestrahlt.
Von denen, die in normalen Gesprächen keinen Antisemitismus zum Ausdruck bringen, wird er zu besonderen Gelegenheiten vermittelt. Das kann z.B. sein, wenn es eine Sammlung für Palästinenser gibt oder nachdem einige eine antiisraelische Demonstration besuchten oder bei Festlichkeiten am Ende des Ramadan. Es fällt auf, dass anwesenden Nichtmuslimen gegenüber keine antisemitischen Äußerungen getätigt werden. Wenn z.B. Niederländer an einem Iftar-Essen teilnehmen, werden die Marokkaner, Türken und andere Muslime, die ich traf, sehr anders reden, als wenn sie unter sich sind. Das gilt besonders, wenn sie über Juden sprechen.
Seit in Amsterdam an der Universität ein Lehrgang zur Ausbildung von Imamen begonnen hat, gibt es mehr salafistische Studenten. Für sie spielen Moscheen eine große Rolle. Das schürt den Judenhass, den sie von Zuhause schon mitbekamen. Unter diesen Studenten gibt es fanatische Islamisten und extreme Antisemiten.
Eine kurze Zeit lang hatte ich einen Kommilitonen, der irakischer Jude war. Dutzende Muslime nannten ihn „Besatzer“, „dreckiger Jude“ und „Nazi“. Er antwortete ihnen nie.
Für ein Studienprojekt besuchte ich eine Reihe muslimischer Organisationen mit verschiedenen Hintergründen. Ich sprach auch mit anderen, die ähnliche Projekte unter solchen Gruppen betreiben. Die einzige muslimische Organisation unter denen, auf die ich traf, die bereit war mit jüdischen Gruppen zusammenzuarbeiten, waren die Ahmadijjas. Wie gesagt, werden sie von anderen Muslimen als Häretiker betrachtet. Wenn man mit offiziellen muslimischen Repräsentanten spricht, bleibt das Gespräch „politisch korrekt“. Dort wird man z.B. nie den Holocaust leugnende Äußerungen hören.
Durch meine Projekte kam ich in Kontakt mit niederländischen Juden, darunter mehrere, die Funktionsträger in jüdischen Organisationen waren. Ich war von ihren Reaktionen überrascht, die denen der muslimischen Gruppen vollkommen entgegen standen. Ich stellte eine große Dialogbereitschaft mit muslimischen Organisationen und zur Zusammenarbeit mit ihnen fest, um gegenseitiges Verständnis zu erzeugen.
Viele niederländische Juden wollten die Wahrheit nicht hören, die ihnen erzählte. Sie zogen es vor sich etwas vorzumachen. Die einzigen, die mir glaubten, waren orthodoxe Juden, die Kippa tragen. Ihre Kinder gehen in jüdische Schulen und tragen ebenfalls Kippa. Wer immer in den Niederlanden als Jude identifizierbar ist, leidet unter antisemitischen Beschimpfungen und manchmal Gewalt.
Offizielle muslimische Repräsentanten und auch eine Reihe Juden erzählen öffentlich immer dieselbe Geschichte. Sie behaupten, Problem des Antisemitismus und verbale Gewalt gegen Juden würden von einer kleinen Gruppe sogenannter „Straßenmarokkaner“ verursacht. Meine Erfahrung ist, dass das nicht die ganze Wahrheit ist. Ich habe nie einen „Straßenmarokkaner“ getroffen. Mein Wissen über den weit verbreiteten muslimischen Antisemitismus und Hass auf Israel entstammt meinen Kontakten zu Studenten an der Universität.